Hallo, ich heisse Nilmini.
Ich komme aus Solothurn und bin 18 Jahre alt.
Kunst bedeutet für ziemlich viel, also Kunst ist für mich überall integriert. Alles, das man sieht, ist für mich Kunst.
Heute habe ich eine Begegnung mit dem Kunstwerk Berntor3 vom Künstlerduo Haus am Gern. Kommt ihr auch mit?
NILMINI: Wir gehen jetzt über die Kreuzackerbrücke zum Kreuzackerpark. Mit schönem Blick auf Solothurn.
Und jetzt gehen wir in den Park hinein und sehen gerade schon hinter einem Baum den ersten Teil des Kunstwerks.
Wir stehen jetzt an einer Stelle, wo man alle drei Tore zusammen sieht, weil diese alle auseinander verteilt sind. Und man sieht das alte Berntor, das noch gerade steht. Und links und rechts davon das Kunstwerk. Der eine Teil des Kunstwerks ist wie umgefallen und liegt am Boden. Und der andere Teil steht auf einer Wiese und dieses ist wie auf das Dach umgedreht und ragt in die Höhe.
Und die Kunstwerke sind eigentlich Kopien des alten Berntors, die jetzt anders arrangiert sind.
Also jetzt im Moment ist das Wetter recht schlecht und darum ist hier alles etwas dreckig. Aber ich habe das Kunstwerk auch schon im Sommer gesehen. Dann steht hier immer die Hafenbar. Dann ist mir schon aufgefallen, dass sehr viele Leute um das Kunstwerk herum sind und auch auf dem Kunstwerk drauf, also auf dem liegenden Teil des Berntors. Und das hat mir sehr gefallen, wie sich die Atmosphäre um das Kunstwerk herum bewegt hat.
Jetzt gehen wir durch das alte Berntor zum neuen Berntor, das auf dem Kopf steht. Was mir auffällt ist, durch das, dass es auf dem Kopf steht, wirkt es viel grösser und imposanter, obwohl es gleich gross ist wie das alte Berntor.
Das is das Kunstwerk Berntor3 vom Haus am Gern. Zu diesem Künstlerduo gehören Barbara Meyer Cesta und Rudolf Steiner. Das Werk ist 2022 realisiert worden. Das Werk besteht aus Beton und diese Werke haben den Massstab 1:1 vom originalen Berntor.
Jetzt habe ich noch einige Fragen ans Künstlerduo.
Mich würde es interessieren, wie man auf diese Idee gekommen ist, das alte Berntor zu kopieren und die zwei Kopien im Park zu schaffen und die dann so zu platzieren. Mich nimmt es auch Wunder, wie man auf diese Platzierung gekommen ist? War sie beliebig oder hat sie eine Bedeutung?
HAUS AM GERN: Salut Nilmini! Du interessierst dich ja für die drei Berntore. Und das freut uns natürlich, weil dies uns beweist, dass auch das alte Berntor endlich angeschaut wird. Ich bin die eine Hälfte des Künstlerduos Haus am Gern, Barbara, und ich beantworte für uns zwei, für Ruedi und mich, deine Fragen.
Ruedi und ich sind mit einigen anderen Kunstschaffenden zu einem Wettbewerb eingeladen worden, und wir haben diese Einladung angenommen. Wir sind dann ein paar Mal nach Solothurn gereist und haben uns den Kreuzackerpark angeschaut. Wir haben geschaut, was dort passiert, was die Leute machen, wie es dort aussieht.
Und was man halt zuerst sieht, ist das einsame alte Berntor, das dort etwas verloren herumsteht. Das Tor hat eine lange Geschichte. Es ist über 300 Jahre alt. Und es war mal ein Teil der Stadtmauer. Und als sich die Stadtarchitektur über die Jahrhunderte verändert hat, hat man das äussere Berntor versetzt. Und damit hat es seine Aufgabe verloren. Es hat zwar noch ausgesehen wie ein Tor, aber diese Funktion hat es nicht mehr gebraucht. Und es wurde mit dieser Platzierung zu einer Skulptur.
Für uns hat es so ausgeschaut, als hätte ein grosses Kind nach dem Spielen seinen Holzbaukasten nicht aufgeräumt. Und aus dieser Vorstellung heraus wollten wir etwas machen. Das heisst, wir wollten nicht die Spielsachen aufräumen, sondern wir wollten weiter spielen.
Wir waren uns dann sehr bald einig, das alte Berntor soll zwei Gefährten bekommen. Und zwar zwei neue Berntore in originaler Grösse. Zwei, weil ein einziges Tor als eine Art Kopie angeschaut würde, und das fanden wir recht langweilig. Und für mehr als drei hat es nicht genügend Platz. Wir haben uns dann für ein liegendes Tor entschieden und für eines, das den Kopfstand macht und die Beine in die Luft streckt.
Die Platzierung der Tore war sehr präzis und es war auch ein langer Prozess. Dafür haben wir das alte Berntor ausgemessen und virtuell mit einem 3D-Programm nachgebaut, und auch am Computer die richtige Lage ausgetüftelt. Wir mussten dann zwischen den alten, kostbaren Bäumen das Tor so platzieren, dass das Wurzelwerk von den Fundamenten nicht verletzt wird und dass seine Lage räumlich dann auch stimmt.
Wir wollten das liegende Tor bei der Hafenbar haben, damit man darauf herumturnen kann, und dass das Tor eigentlich zu einer Sitzbank wird. Dem anderen Tor, dem Kopftor, wollten wir viel Raum geben, damit es gut sichtbar ist, und dass es in ein Zusammenspiel mit dem alten Tor und der Architektur der Schulhäuser kommt. Und heute sind wir sehr zufrieden mit unseren Entscheidungen.
NILMINI: Ich frage mich auch, wie man das Werk gemacht hat. Mich würde der Prozess sehr Wunder nehmen. Ob man zuerst ein Modell gemacht hat des alten Berntors. Wie ist man auf die Idee gekommen, dass man das Werk quasi als ein Betonelement macht. Weil das alte Berntor besteht ja aus mehreren Steinen. Wieso hat man diese jetzt als eine Einheit gemacht?
HAUS AM GERN: Die beiden Tore wurden nicht gegossen. Sie sind von Hand, Schicht um Schicht, in eine Form gestampft worden. Beim Kopftor sieht man die einzelnen Stampfschichten sehr gut. Man kann anhand der Schichten die Handarbeit durch den Mensch ablesen, genau gleich wie bei den Kerben im Stein des alten Berntores.
Damit man die Masse stampfen kann, muss sie weich sein. Aber sie darf aber nicht zu weich sein, weil dann kann man nur “Pflotschen” und das Tor läuft davon. Und nach dem Austrocknen muss der Beton genau so fest sein wie gegossener Beton, obwohl er eine Kieszugabe hat und etwas spröde ist. Das Spröde war uns recht, denn nach einiger Zeit werden sich einzelne Steine von der Kante lösen und die Tore so ein Eigenleben haben. Sie können alt werden so.
Wir haben uns auch für diese Bautechnik entschieden, weil wir die zwei Tore so bauen wollten, wie man dies heute macht. Und damit man genau dies in 100 Jahren an den neuen Toren ablesen kann.
Das liegende Tor ist für den Schutz der Bäume auf einem externen Bauplatz hergestellt worden. In einer Holzbauwerkstatt wurde eine exakte Negativholzform gebaut. In diese Form ist das Tor in acht Teilen von Hand gestampft worden. Und die ausgehärtenen Einzelteile hat dann ein Team mit Hilfe eines Pneukran auf dem Fundament zusammengesetzt. Ein bisschen wie im Sandkasten, nur grösser. Und es hat alles gepasst.
Für das Kopftor hat man das Holznegativ auf eine riesige Schalenwand montiert und die hat man am Standort senkrecht aufgestellt. Und nach der Aushärtung des Stampfbetons hat man die Schalungswand und das Holznegativ abgebaut. Und das Kopftor haben sie zuoberst im feuchten Stampfbeton signiert. Aber das wissen nur wir.
Du musst wissen, dass die Firma Marty, die dies für uns gebaut hat, weltweit komplizierte Tunnel baut – aber eben keine Berntore. Und wir haben dann entdeckt, dass im Namen der Baufirma Marty das Wort ART steckt. Ist ja cool, oder?
Und wir beide wünschen dir weiterhin viele Wunder. Und vergiss nie, was der Künstler Robert Filliou einmal gesagt hat: Kunst ist das, was das Leben interessanter macht, als die Kunst.
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ART'S COOL oder "Art is cool"!
Dies ist eine Begegnung mit einem zeitgenössischen Kunstwerk in der Schweiz, betrachtet, erkundet, und hinterfragt von jungen Menschen. Auf die Fragen der Jugendlichen geben wiederum die Künstlerin oder der Künstler auf ihre Weise eine Antwort. Ganz einfach, nicht?
In dieser zweiten Saison lädt unser Podcast dich ein, Werke ausserhalb der üblichen Ausstellungsorte zu besuchen, meistens im Freien! Fast jede Woche entdecken wir gemeinsam eine künstlerische Schöpfung, die irgendwo in der Schweiz im öffentlichen Raum zu finden ist.
Heute ging es um Berntor3 des Künstlerduos Haus am Gern, untersucht vom neugierigen Blick von Nilmini. Verpasse nicht das Kunstwerk in Wirklichkeit selber zu entdecken, und zwar in Solothurn, im Kreuzackerpark.
Sammle zeitgenössische Kunst mit deinen Ohren! Die Webseite artscool.ch/de präsentiert alle Episoden, die seit Herbst 2021 ausgestrahlt wurden. Eine vielfältige und wachsende Sammlung! Ausserdem findest du dort alle Portraits der jugendlichen Fans der zeitgenössischen Kunst, die Kurzbiographien der interviewten Künstlerinnen und Künstler und die Bilder der Werke.
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Mit der Stimme von Florence Grivel in der französischen Version und Stephan Kyburz in der deutschen Version.
Musik and Sounddesign von Christophe Gonet.
Dies ist eine Produktion Young Pods.