Hallo, mein Name ist Scott, ich bin 14 Jahre alt und wohne in Cugy.
Kunst ist für mich eine andere Art, eine Botschaft zu evozieren oder eine Realität zu zeigen, die es nicht mehr gibt.
Heute bin ich mit der Künstlerin Carmen Perrin in ihrem Atelier in Carouge im Kanton Genf verabredet. Kommst du mit?
SCOTT: Ich befinde mich in einem Stadtteil von Genf, der etwas industriell geprägt ist. Es fahren viele Autos und Lastwagen vorbei. Ich muss die Werkstatt suchen...
Erster Stock, Carmen Perrin. Wir gehen durch die Tür in einen großen, dunklen Flur. Am Ende ist eine Tür mit Plakaten, ich frage mich, ob es das ist... Ja, hier ist "Carmen Perrin"!
Guten Tag, Madame. Sehr erfreut, mein Name ist Scott.
CARMEN PERRIN: Willkommen in meinem Atelier.
SCOTT: Ich bin reingegangen und es ist wie im Himmel, es ist superschön. Es ist hell! Ist das Ihr Paradies?
CARMEN PERRIN: Ja, das ist das Paradies. Eigentlich ist es ein Ort, an dem viele Dinge passieren: Es gibt viele Spannungen innerhalb der Werke, die Momente des Nachdenkens sind, des Kampfes mit den Materialien, mit den grafischen Elementen und so weiter. Gleichzeitig ist es aber auch wie eine Höhle, in der ich arbeite und in eine sehr enge Beziehung zu den verschiedenen Arbeitsschritten, den Materialien, meinen Gedanken und auch meinen Gefühlen eintauche.
SCOTT: Es gibt viel Gelb; ich mag diese Farbe, weil sie sehr positiv ist. Es ist eine Farbe, die mich glücklich macht. Ist das der Grund, warum Sie das machen?
CARMEN PERRIN: Eigentlich benutze ich Gelb in allem, was ich mache, als ein Element, das das Licht einfängt und zurückwirft. Wenn man die Sonne zeichnet, ist sie gelb, und alle leuchtenden Elemente sind gelb. Ich weiß, dass Gelb für manche Menschen eine nicht ganz positive Farbe ist; manchmal vermittelt sie ein Gefühl von Aggressivität. Ich versuche, sie als Kontrast zu Schwarz zu verwenden: Ich finde, dass sie auf diese Weise sehr erzählerisch wirkt. Es ist etwas Mysteriöses, das ich nicht erklären kann, das mich aber immer anzieht.
SCOTT: Wenn ich das sehe, denke ich sofort an den Sommer, an Markisen oder Twister-Eis.
CARMEN PERRIN: Mein Ausgangspunkt ist eigentlich ein ganz anderer, aber ich mag deine Lektüre sehr! Bei mehreren Skulpturen, ob Wand- oder dreidimensionale Skulpturen, interessiert es mich, von einem industriellen Objekt oder einem industriellen Material auszugehen, wie Ziegelstein, oder dort von Rollmeistern... Es gibt alle Zeichen, die ich hinterlassen habe, damit man trotzdem dieses Material erahnen kann, das ursprünglich nicht sehr gut ist, das sehr funktionell ist; aber ich versuche, seine wunderschöne gelbe Farbe (die auf der Rückseite ist) hervorzuheben und daraus ein Objekt zu machen, das durch seine fast handwerkliche Dimension auffällt. Es ist geflochten, wie ein geflochtenes Kissen, und man sieht, dass es mit der Hand bearbeitet wurde. Es gibt eine Art Heimwerkeraspekt, der in meiner Arbeit sehr wichtig ist, weil er die Zeit der Herstellung einfängt.
Gleichzeitig ist es sehr wichtig, dass man beim Betreten des Ateliers das Gefühl hat, sofort zu verstehen, was vor sich geht, und nicht zuerst denkt: "Aua, aua, aua, was für eine Arbeit!". Für mich ist ein Werk misslungen, wenn man denkt: "Aua, aua, aua". Ich kann dir aber sagen, dass fast alle Stücke in diesem Atelier sehr lange gedauert haben.
SCOTT: Bevor ich hierher gekommen bin, habe ich mich ein wenig über Sie informiert. Sie wurden 1953 in La Paz in Bolivien geboren. Sie arbeiten mit dem Volumen und dessen Umrissen. Sie zeichnen Formen im Raum, indem Sie tragende Strukturen unter Spannung setzen, die das Vakuum begrenzen. Diese Strukturen bestehen meist aus industriellen Materialien: Stahl, Blech, Beton. Sie kombinieren sie aber auch gerne mit natürlichen Rohstoffen wie Schiefer, Holz, Weidenruten oder mit künstlich hergestellten Materialien wie Ziegel oder Gummi. Was denken Sie?
CARMEN PERRIN: Das ist eine Zusammenfassung, die einer Realität entspricht, die meiner Arbeitsstrategie zugrunde liegt. Aber gleichzeitig lasse ich in Verbindung mit jedem Material und jeder Art, ein Material zu begreifen, auch eine Form entstehen, die mir das Material im Moment diktiert. Deshalb hat man oft den Eindruck, dass es im Atelier oder in meinen Ausstellungen eine vielgestaltige Präsenz gibt. Manchmal sagt man mir sogar: "Es sieht so aus, als würden mehrere Künstler zusammen ausstellen". Das liegt daran, dass es mich einfach langweilt, Dinge zu wiederholen.
Andererseits liebe ich es, oft mit demselben Material zu arbeiten. Und deshalb muss ich eine Art und Weise erfinden, wie ich mit dem Material umgehe, wie ich es anordne, wie ich es zusammensetze, ohne seine Qualität oder seine Vorzüge zu verraten, sondern indem ich mir eine Geschichte erzähle, die völlig anders ist und die mich zu einer Form führt, die mich überrascht. Man hat den Eindruck, dass die Dinge sich ähneln, aber gleichzeitig erzählt jedes eine andere Geschichte.
SCOTT: Und Ihre Definition von Kunst wäre Überraschung?
CARMEN PERRIN: Natürlich, das gilt für alles, was ich tue, aber es gilt auch für das Leben, nicht wahr? Es ist schön, immer wieder Überraschungen zu erleben!
SCOTT: Dann vielen Dank! Und bis bald.
CARMEN PERRIN: Bis bald! Danke dir.
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ART'S COOL oder "Art is cool"!
Dies ist eine Begegnung mit einem zeitgenössischen Kunstwerk in der Schweiz, betrachtet, erkundet, und hinterfragt von jungen Menschen. Auf die Fragen der Jugendlichen geben wiederum die Künstlerin oder der Künstler auf ihre Weise eine Antwort. Ganz einfach, nicht?
In dieser dritten Staffel lädt unser Podcast junge Leute dazu ein, mit Künstlern in ihren Ateliers irgendwo in der Schweiz zu sprechen. In jeder Episode tauchen Sie in zwei sich ergänzenden Sequenzen in das Herz des künstlerischen Schaffens ein: zuerst eine immersive Erkundung des Ateliers und dann eine Diskussion über ein faszinierendes Objekt.
Heute Scott traf den Künstler Carmen Perrin in seinem Atelier in Carouge (Genf).
Sammle zeitgenössische Kunst mit deinen Ohren! Die Webseite artscool.ch/de präsentiert alle Episoden, die seit Herbst 2021 ausgestrahlt wurden. Eine vielfältige und wachsende Sammlung! Ausserdem findest du dort alle Portraits der jugendlichen Fans der zeitgenössischen Kunst, die Kurzbiographien der interviewten Künstlerinnen und Künstler und die Bilder der Werke.
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Der ART'S COOL Podcast wird dank der wertvollen Unterstützung der Loterie Romande, der Ernst Göhner Stiftung, der Fondation Françoise Champoud, der Fondation Leenaards, der Fondation Oertli, der Fondation Sandoz, der Kantone Bern, Wallis, Waadt realisiert und ausgestrahlt.
Dank an das Schweizerische Institut für Kunstwissenschaft (SIK-ISEA) für die biografischen Quellen zu den Künstlern.
Interview und Stimme: Florence Grivel.
Musik und Sounddesign: Christophe Gonet.
Dies ist eine Produktion Young Pods.