Hoi zusammen, ich bin Chiara, bin siebzehn Jahre alt, und ich gehe an die Kantonsschule am Burggraben und ich komme aus Abtwil.
Und Kunst bedeutet für mich Emotionen zu fühlen, weil ich finde, Kunstwerke können sehr viele Emotionen hervorrufen, ob es jetzt gute oder schlechte Emotionen sind.
Heute habe ich ein Rendezvous mit einem Kunstwerk von Zilla Leutenegger in St. Gallen. Kommt doch mit!
CHIARA: Wir sind vom Zentrum an die Universität St. Gallen hoch gegangen und jetzt stehen wir vor dem Gebäude der Uni und jetzt gehen wir zusammen das Kunstwerk anschauen.
Wir sind jetzt ins Gebäude hinein gegangen und ein paar Stockwerke hochgestiegen, und jetzt sind wir wie in einem Innenhof, wo eigentlich gar nicht so viel Licht reinkommt. Von allen Seiten ist es wie geschlossen. Und es fällt einem gar nicht so auf, aber ich stehe hier vor einer Wandmalerei, schon fast Collagen-mässig, schwarz-weiss. Es sind verschiedene Stockwerke abgebildet. Ja, es hat ganz viele Treppen, oben sitzt ein Mensch, oberhalb einer Treppe mit einem Schirm. Auf mich wirkt diese Wandmalerei, ehrlich gesagt, eher relativ triste. Das einzige, was ich interessant finde, ist, dass es eine Leiter in der Ecke hat aus Holz, 3-dimensional. Aber sonst, finde ich, ist es relativ einfach gemacht. Auch mehr so skizzenhaft, die Wandmalerei an sich, aber dann ist die aufgeteilt in verschiedene Teile. Eigentlich ganz interessant, aber es löst jetzt keine Freude aus, es macht mich nicht glücklich, sondern eher nachdenklich.
Das Werk trägt den Namen "Treppenhaus: Lonely at the Top" von Zilla Leutenegger. Das Werk befindet sich in einem der vier Lichthöfe des HSG-Gebäudes in der Müller-Friedbergstrasse 6 an der Universität St. Gallen. Es wurde 2019 fertiggestellt. Und nun zur Technik: Es gibt 11 Wandgemälde, die mit der Sgraffito-Technik hergestellt wurden. Es ist 10,5 x 9 Meter groß. Und das Werk ist ein integriertes Kunstprojekt der Universität St. Gallen.
Ich stehe hier vor dem Kunstwerk und ich sehe hier diese 11 Rechtecke. Es sieht so aus wie Zement, so ein bisschen drauf gekleistert auf die Wand. Es ist noch lustig, es wirkt sehr skizzenhaft, fast wie eine Kohlezeichnung oder eine Bleistiftzeichnung. Es ist lustig, weil es ist ja auf einer Wand. Die Rechtecke haben auch ein anderes Weiss. Die Wand hinten dran ist eher gräulich. Ja, es hat wie verschiedene Stufen, es ist wie Pyramiden-förmig sind diese Rechtecke angeordnet, und unten hat es eine Türe, oder mehrere Türen, mehrere Treppen, oder Leitern. Und so geht es weiter, so Top of the Pyramid-mässig. Es hat viele Durchgänge. Und auch die Treppen überschneiden mehrere Rechtecke. Dann zuoberst, oder fast zuoberst sitzt eine Person am Boden und einen Schirm, glaube ich, hat es nebenan. Es sieht zumindest für mich so aus. Dann ganz zuoberst hat es nochmals eine Treppe mit einer Türe, quasi als Ziel sehe ich es. Weil, ich interpretiere dies jetzt so, für mich ist es wie, weil es an einer Uni ist, dass man zu seinem Erfolg hochsteigen kann. Für mich hat der Erfolg oft mit Treppen zu tun, so dass man sich nach oben anstrengt, ich weiss es nicht. Und wenn zuoberst ist, dann ist es vielleicht etwas “lonely”, wie es der Titel schon sagt. Das sind so meine Gedanken zu dem Kunstwerk. Ich habe jetzt noch einige Fragen an Zilla Leutenegger.
ZILLA LEUTENEGGER: Hoi Chiara, hier ist Zilla.
CHIARA: Zunächst eine Frage zur Technik, weil ich das immer sehr interessant finde. Wie haben Sie es geschafft, dass es wie eine Skizze aussieht, und ich nehme an, Sie haben es genau hier gemacht, als das Gebäude renoviert wurde. Und ist es Zement, was ist das Material, mit dem Sie hier gearbeitet haben?
ZILLA LEUTENEGGER: Das ist eigentlich die Beschreibung des Wandbildes, das ich mit einer Technik ausgeführt habe, die sich Sgraffito nennt. Das ist eine sehr schnelle Zeichnungsmöglichkeit, in eine ledertrockene Kalkschicht, die man vorher aufzieht, und wo man innerhalb von 20 Minuten diese Zeichnung machen muss, deshalb kommt die Zeichnung skizzenhaft daher. Es ist aber auch die Art, wie ich zeichne. Ich zeichne gern schnell. Und darum ist diese Technik eigentlich wie gemacht für mich. Es ist auf jeden Fall so, dass dies vor Ort gemacht wird, weil diese Sgraffito, die sind eigentlich bekannt aus dem Engadin und aus Italien ursprünglich. Das ist eine Technik, mit denen man oft Aussenfassaden verziert hat. Man kennt sie eher von sehr zurückhaltenden, nicht sehr erzählerischen Zeichnungsarten. Verzierung von Ecken oder von Fries von Häusern. Und es ist so, dass man einen Haftgrund macht aus Zement oder Verputz, der dunkler ist und danach mit einer Kalkschicht drüber geht und die, wie gesagt, in einem Zeitraum von etwa 20 Minuten noch weich genug ist, dass man hineinritzen kann. Sie darf natürlich auch nicht zu weich sein, also es muss ganz ein spezieller Trocknungszustand haben, so das ledertrockene, bei dem man dann mit einem sehr harten Stahlgriffel zeichnen kann. Und dies macht man so lange, bis es wirklich ausgetrocknet und steinhart wird.
CHIARA: Gibt es einen Zusammenhang mit der Universität? Was war das Konzept dahinter? Welche Bedeutung hat die Person dort oben. Einsamkeit ist wahrscheinlich für viele Menschen kein schönes Gefühl, und ich frage mich, warum Sie dieses Gefühl angesprochen haben.
ZILLA LEUTENEGGER: Ja, der Titel "Lonely at Top" bezieht sich schon auf diese Klischeevorstellung von vielen CEOs, von Absolventen, ehemaligen HSG-lern, wo man denkt, dass zuoberst hinkommen im Leiterspiel, das ist ja ein bisschen die Idee dieser Wandzeichnung, dass man am Schluss dort oben ist und das Ziel erreicht hat. Und eben vielleicht auch mit dem “Lonely at the Top”, der Titel spielt auch damit: was erreicht man, wenn man zuoberst ist. Aber es ist eigentlich viel mehr ein Spiel, auch das Leiterspiel, Treppe hoch, Treppe runter, und auch im weiteren Sinne diese transparente Wand, also in ein Gebäude hineinblicken, der Schnitt durch ein Treppenhaus. Und sie sitzt zuoberst in diesem Treppenhaus. Das ist kein Schirm, sondern es sind verschiedene Lampen, so in einer Bewegungsstudie, die sie hin- und her bewegt. Das bezieht sich auf eine Videoinstallation, die ich mal gemacht habe.
Wenn Sie noch weitere Fragen haben, rufen Sie mich bitte an, und ich wünsche Ihnen einen schönen Abend. Ciao Chiara!
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ART'S COOL oder "Art is cool"!
Dies ist eine Begegnung mit einem zeitgenössischen Kunstwerk in der Schweiz, betrachtet, erkundet, und hinterfragt von jungen Menschen. Auf die Fragen der Jugendlichen geben wiederum die Künstlerin oder der Künstler auf ihre Weise eine Antwort. Ganz einfach, nicht?
In dieser zweiten Saison lädt unser Podcast dich ein, Werke ausserhalb der üblichen Ausstellungsorte zu besuchen, meistens im Freien! Fast jede Woche entdecken wir gemeinsam eine künstlerische Schöpfung, die irgendwo in der Schweiz im öffentlichen Raum zu finden ist.
Heute ging es um Treppenhaus: Lonely at the Top von Zilla Leutenegger, untersucht vom neugierigen Blick von Chiara. Verpassen Sie es nicht, das Kunstwerk selbst zu entdecken, in einem der vier Lichthöfe des HSG-Gebäudes an der Müller-Friedberg-Strasse 6/8 an der Universität St.Gallen.
Sammle zeitgenössische Kunst mit deinen Ohren! Die Webseite artscool.ch/de präsentiert alle Episoden, die seit Herbst 2021 ausgestrahlt wurden. Eine vielfältige und wachsende Sammlung! Ausserdem findest du dort alle Portraits der jugendlichen Fans der zeitgenössischen Kunst, die Kurzbiographien der interviewten Künstlerinnen und Künstler und die Bilder der Werke.
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Mit der Stimme von Florence Grivel in der französischen Version und Stephan Kyburz in der deutschen Version.
Musik and Sounddesign von Christophe Gonet.
Dies ist eine Produktion Young Pods.