Ich heisse Anna Clara.
Ich bin 17 Jahre alt und ich wohne in Selzach in der Nähe von Solothurn.
Kunst bedeutet für mich vor allem Freiheit
und für mich persönlich ist es auch ein Zusammenspiel von Farben und der Wahrnehmung.
Heute habe ich eine Begegnung mit dem Kunstwerk “ Wie tief ist die Zeit" von Katja Schenker. Kommt ihr auch mit?
ANNA CLARA: Wir sind heute hier vor dem Kunstmuseum Solothurn und wir besuchen ein Kunstwerk, das sich im Skulpturenpark befindet, wenn man Richtung Stadt Solothurn schaut, zum Zentrum, dann befindet es sich auf der rechten Seite am Ende des Parks.
Wir gehen jetzt zum Kunstwerk hin. Es ist ein schöner, sonniger Tag. Es ist ein sehr schönes Wetter, um das Kunstwerk anzuschauen.
Das Kunstwerk ist ungefähr 2x1 Meter gross. Es hat verschiedene Holzstämme und -stöcke, die drinn sind. Es hat verschiedenste Steine und auch einen goldig-artigen Streifen. Und das ganze ist umfasst in Beton, was ich eine sehr interessante Art finde, ein Kunstwerk zu fertigen.
Das ist das Werk Wie tief ist die Zeit? von Katja Schenker. Das Werk wurde 2019 realisiert, und es befindet sich im Skulpturenpark. Das Werk ist Teil eines 11-Meter hohen Betonblockes, der “Dreamer” heisst und auf dem Fachhochschule-Campus in Muttenz steht. Es ist eine Sammlung von unterschiedlichsten Materialien, farbige Steine, Metall, Holz, Kalkbrocken, die zusammen in einer speziellen Betonmischung eingegossen wurden. Das Werk wurde gestiftet von der Regiobank Solothurn.
Ich habe nun einige Fragen an Katja Schenker.
KATJA SCHENKER: Hallo Anna Clara. Es freut mich sehr mit dir dieses Gespräch zu führen und dir deine Fragen zu beantworten.
ANNA CLARA: Ich würde gerne wissen, wie bist du auf den Titel gekommen “Wie tief ist die Zeit?”
KATJA SCHENKER: Der Titel “Wie tief ist die Zeit?” könnte fast auf jedes meiner Werke angewendet werden. Die Ideen für meine Arbeiten hole ich aus der Tiefe. Zum einen aus der Tiefe eigener Empfindungen und Gefühle. Andererseits aus einer historischen Tiefe.
Was hat zum Beispiel dieses oder jenes Material für eine Geschichte? Oder was ist an diesem spezifischen Ort passiert? Was erzählt uns ein Ort? Was performt er? Und der eigene Körper? Was hat sich in unserem Material eingeschrieben? Auch umbewusst? Finde ich eine Sprache dafür?
In diesen Fragen bekommt die Zeit eine räumliche Dimension. Als Performance-Künstlerin und auch während meiner Performance entstehen auch Skulpturen. Es interessiert mich die pulsierende, lebendige Auffassung von Raum.
ANNA CLARA: Wie bist du an diese verschiedenen Materialen gekommen?
KATJA SCHENKER: Sammeln. Sammeln ist eine sehr menschliche Tätigkeit. Es ist wunderbar entspannend und erfüllend, wenn es nicht zweckorientiert passiert und auf eine absurde Vollkommenheit abzielt. Dann heisst Sammeln nämlich Begegnen innerhalb von einem Resonanzraum.
ANNA CLARA: Wenn man sich das Bild anschaut, dann sieht man auch Gold- und Bronzeschimmer. Hast du auch Edelmetalle verarbeitet?
KATJA SCHENKER: Ja, da hast du Recht. Ich habe tatsächlich Bronze verwendet für diese Arbeit “Wie tief ist die Zeit?”. Und das ist ein kleiner Verstoss gegen meine Grundidee, vor allem Rohstoffe zu verwenden, also Hölzer, Steine und Eisenerze, wie ich sie zum Beispiel im Gonzenstollen bei Sargans gefunden habe. Rohstoffe, die wir dafür verwenden unsere Umwelt zu bauen, zu strukturieren, zu befestigen, oder auch zu heizen.
ANNA CLARA: War dir bewusst, dass mit der Zeit, verschiedene der Materialen, zum Beispiel das Holz, auch verwittern werden?
KATJA SCHENKER: Ja, mir war bewusst, dass die Materialen mit der Zeit verwittern. Aber ich mache eigentlich immer weitreichende Recherchen und Materialtests und ich rede gerne mit Fachpersonen, wenn ich mich auf ein Material oder eine Technik einlasse. Von dem her ist eben diese Verwitterung nicht eine Überraschung, sondern es ist eigentlich ein sehr wichtiger Aspekt für den performativen Charakter meiner Arbeiten. Sie verändern sich und zwar nur partiell durch mich als Künstlerin, die etwas voraussehen oder steuern kann; ein wichtiger Teil überlasse ich jeweils dem Zufall. Diesen Dynamiken, die im natürlichen Prozess eines Materials bereits eingeschrieben sind.
ANNA CLARA: Ist die Farbkomposition bewusst gewählt worden?
KATJA SCHENKER: Ja, auch die Farbwahl ist eine Mischform von Komposition, Intuition und Zufall in diesem Werk.
ANNA CLARA: Verbindest du dieses Werk mit jemandem, der dir nahe steht?
KATJA SCHENKER: Das ist eine sehr interessante Frage an ein Kunstwerk. Bücher sind ja häufig explizit jemandem gewidmet. Aber wenn du jetzt einmal das Hauptwerk anschauen gehst, im Eingangsbereich des Fachhochschule Nordwestschweiz auf dem Campus Muttenz, und dann bedenkst, dass alle diese “Cuts”, also wie sie im Skulpturenpark des Kunstmuseum Solothurn sichtbar ist, wenn du das bedenkst, also wenn du den Monolith anschauen gehst in Muttenz und siehst, was für einen engen Zusammenhang der Monolith mit diesen Cuts hat, dann wird vielleicht noch besser spürbar, wie es mir mit diesem Werk ums Lebendige geht.
Also zum Beispiel wir Menschen, wie gelingt es uns aufrecht zu stehen? Für uns selber zu sorgen? Offen zu bleiben? Zusammenzuhalten? In Beziehungen einzutreten und Gemeinschaften aufzubauen? All diese Fähigkeiten möchte ich diese Werk “Wie tief ist die Zeit?” widmen.
Ja Anna Clara, vielen Dank für deine Fragen und dein Interesse.
Ich wünsche dir alles, alles Gute.
°°
ART'S COOL oder "Art is cool"!
Dies ist eine Begegnung mit einem zeitgenössischen Kunstwerk in der Schweiz, betrachtet, erkundet, und hinterfragt von jungen Menschen. Auf die Fragen der Jugendlichen geben wiederum die Künstlerin oder der Künstler auf ihre Weise eine Antwort. Ganz einfach, nicht?
In dieser zweiten Saison lädt unser Podcast dich ein, Werke ausserhalb der üblichen Ausstellungsorte zu besuchen, meistens im Freien! Fast jede Woche entdecken wir gemeinsam eine künstlerische Schöpfung, die irgendwo in der Schweiz im öffentlichen Raum zu finden ist.
Heute ging es um Wie tief ist die Zeit? von Katja Schenkeruntersucht vom neugierigen Blick von Anna Clara. Kunstmuseum.
Sammle zeitgenössische Kunst mit deinen Ohren! Die Webseite artscool.ch/de präsentiert alle Episoden, die seit Herbst 2021 ausgestrahlt wurden. Eine vielfältige und wachsende Sammlung! Ausserdem findest du dort alle Portraits der jugendlichen Fans der zeitgenössischen Kunst, die Kurzbiographien der interviewten Künstlerinnen und Künstler und die Bilder der Werke.
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Der ART'S COOL Podcast wird dank der wertvollen Unterstützung der Loterie Romande, des Migros-Kulturprozent, der Oertli-Stiftung, der Sandoz-Stiftung, der Kantone Basel-Stadt, Bern, Thurgau, Waadt, Zug und Zürich sowie der Städte Yverdon-les-bains, Zug und Zürich realisiert und ausgestrahlt.
Mit der Stimme von Florence Grivel in der französischen Version und Stephan Kyburz in der deutschen Version.
Musik and Sounddesign von Christophe Gonet.
Dies ist eine Produktion Young Pods (youngpods.ch).